Bruce Weber. My Education – Porträt eines Fotografenlebens

Ich gebe zu: Porträts sind nicht mein bevorzugtes Genre. Eigentlich weiß ich gar nicht, warum das so ist, denn die Bilder großer Porträtfotografen faszinieren mich sehr. Bildbände von Arnold Newman, Annie Leibovitz, Yousuf Karsh, Steve McCurry, Dorothea Lange oder anderen sind für mich eine Zeitreise in die Geschichte und eine Reise rund um den Globus.

Seit kurzem kann ich die Liste meiner Lieblings-Porträt-Fotografen um einen weiteren Namen ergänzen: Bruce Weber. Der Taschen-Verlag hat ein monumentales Buch über seine Arbeit herausgebracht: 

Bruce Weber, My education, foto.kunst.kultur

Bruce Weber. My Education

Der US-amerikanische Fotograf (* 1946) hat u. a. bei Lisette Model studiert, eine der einflussreichsten Fotografinnen des 20. Jahrhunderts. Internationale Anerkennung erhält er vor allem für seine Werbekampagnen für Calvin Klein. Karl Lagerfeld, Versace oder Ralph Lauren. Seine Bildstrecken erschienen in renommierten Magazinen wie Bazaar, W Magazine, Vanity Fair oder der Vogue.

Auch als Regisseur war er erfolgreich: Seine Dokumentarfilm Let’s Get Lost über den Jazztrompeter Chet Baker lief 2008 im Klassiker-Programm der Filmfestspiele Cannes, sein Antikriegsfilm A Letter to True eröffnete 2004 die Berlinare.

Es lohnt sich also, sich mit diesem Fotografen näher zu beschäftigen. Das Buch Bruce Weber. My Education ist ein hervorragender Weg, genau dies zu tun - es zeigt auf 564 Seiten mit über 500 Bildern die gesamte Bandbreite von Webers Werk.

„Das Buch eröffnet einen unvergleichlichen Blick auf sein Oeuvre. My Education ist eine persönliche Hommage an den Geist der Zusammenarbeit, an gegenseitige Inspiration und das Streben nach kreativem Ausdruck.“ | Fashion Network

Gleich beim ersten Blättern fällt auf, dass das Buch nicht dem üblichen chronologischen Aufbau folgt. My Education ist anders: Es ist nach Themen gegliedert, die Webers Werk prägten. Weber selbst erzählt von seiner Arbeit und seinem Leben, lässt aber auch Persönlichkeiten wie John Steinbeck, Martha Graham oder Charles Bukowski zu Wort kommen, die sein künstlerisches Schaffen inspirierten.

Eine kleine Auswahl der Themen

Es war immer eine Familienangelegenheit

Das erste Kapitel unterstreicht die Bedeutung der Familie. Wir begegnen nicht nur Webers eigener Familie, sondern auch Persönlichkeiten wie Edward Weston, Anselm Kiefer, Keith Richards oder Elizabeth Taylor.

Serena and Venus Williams, New York City, 2000. © 2025 Bruce Weber, foto.kunst.kultur

Serena and Venus Williams, New York City, 2000.
© 2025 Bruce Weber

Elizabeth Taylor and her great-
grandson Finn McMurray, Los
Angeles, California, 2002.
© 2025 Bruce Weber, foto.kunst.kultur

Elizabeth Taylor and her great- grandson Finn McMurray, Los Angeles, California, 2002.
© 2025 Bruce Weber

Wenn man sich nicht an die Regeln hält

Weber erzählt von einer Begegnung mit Ingmar Bergman. Er gestand der Schauspielerin Liv Ullmann, dass er schon lange davon träumte, den weltberühmten Regisseur zu treffen. Zwei Jahre später war es so weit. Zur Begrüßung überreichte Weber Bergman ein Kinderbuch - und eroberte sich damit dessen Herz im Sturm:

"Unfassbar, das war eines meiner Lieblingsbücher als Kind! Woher wußten Sie das?"

Im Bildteil treffen wir u. a. Wim Wenders, Jessica Lange, Helmut Newton, Richard Avedon und besuchen Georgia O'Keeffe auf ihrer Ranch. 

Sofia Coppola’s office, Los Angeles,
California, 1999.
© 2025 Bruce Weber, foto.kunst.kultur

Sofia Coppola’s office, Los Angeles, California, 1999.
© 2025 Bruce Weber

Louise Bourgeois, New York City,
1996.
© 2025 Bruce Weber, foto.kunst.kultur

Louise Bourgeois, New York City, 1996.
© 2025 Bruce Weber

Meine Lehrerin

Wie schon erwähnt studierte Bruce Weber bei der legendären Fotografin Lisette Modell. Er erzählt, dass ihr seine Arbeiten zwar gewöhnlich gefielen, sie aber einige Meeresbilder kritisch beurteilte:

"Das ist die falsche Richtung für dich, Bruce. Such woanders." 

Ein für ihn wegweisender Satz. Er schreibt:

"Sie wollte mich damit nicht entmutigen, sondern ich begriff, dass ich noch etwas suchen sollte, das über das hinaus ging, was ich schön fand."
Michael greets Lanaja while
Tyshaun hugs Ty Ty, Richmond City
Justice Center, Richmond, Virginia,
2015. © 2025 Bruce Weber. foto.kunst.kultur

Michael greets Lanaja while Tyshaun hugs Ty Ty, Richmond City Justice Center, Richmond, Virginia, 2015.
© 2025 Bruce Weber

Harte Schule

Weber arbeitete oft mit Denis Freedman, dem Kreativdirektor des bekannten Modemagazins W. Er erzählt von einem Shooting mit der Schriftstellerin Eudora Welty, einer Reise nach Mississippi mit Kirsten Owen und eine Werbekampagne für Barneys mit Transgender-Menschen.

"Es erfüllt mich mit Demut, dass unsere Models ihre Geschichten mit mir teilten, und ich bin stolz darauf, dass wir gemeinsam etwas Wunderschönes geschaffen haben. Ich fühle nichts als Bewunderung für diese Menschen und ihre Entschlossenheit, das zu werden, was sie wirklich sind."
Kate Moss, Miami, Florida, 2003. © 2025 Bruce Weber. foto.kunst.kultur

Kate Moss, Miami, Florida, 2003.
© 2025 Bruce Weber

Tai and Rosie in Chanel, Perris,
California, 2004.
© 2025 Bruce Weber. foto.kunst.kultur

Tai and Rosie in Chanel, Perris, California, 2004.
© 2025 Bruce Weber

Eine großartige Mutter

"Mir tun die Fotografen und Fotografin leid, die nie die Gelegenheit hatten, mit Liz zu arbeiten. Sie war es, die mich dazu brachte, mein schüchterne Ich abzulegen, aufzustehen und zu tanzen."

So schreibt Bruce Weber über Liz Tillis, deren Name untrennbar mit den Magazinen *British Vogue* und *Bazaar* verbunden ist.

Die folgenden Bilder zeigen unter anderem Aufnahmen aus der Bildstrecke *New Morning Nebraska: Pioneers of '82*, die Weber für die British Vogue aufgenommen hat.

Stella kind of ruined things for me

Viele Jahre arbeitete Weber mit Stella Tennant, Fotomodell und Malerin. Er schreibt über sie:

"Ganz gleich, was man mit der Kamera machen wollte: Stella Tennant war genau die Richtige dafür. Weil sie Malerin war, wusste sie, wie sie einem Bild auf die Sprünge helfen konnte, wenn man auf Schwierigkeiten stieß – eine Situation, die alle Fotografinnen und Fotografen kennen." 

Die Fotos zeigen Bildstrecken für Versace, Vogue Italia oder aus Webers ersten Pirelli-Kalender. Wir treffen auch Stellas Familie, insbesondere ihre Großmutter, der Herzogin von Devonshire.

Stella Tennant with Dash Snow and
Ryan McGinley, “The Renegades,” W
magazine, New York City, 2005.
© 2025 Bruce Weber. foto.kunst.kultur

Stella Tennant with Dash Snow and Ryan McGinley, “The Renegades,” W magazine, New York City, 2005.
© 2025 Bruce Weber

Something about forgiveness

Wie in vielen anderen Abschnitten des Buchs begegnen wir hier nicht nur dem Fotografen Bruce Weber, sondern dem Menschen. Er erzählt von seiner Zeit in Paris und seiner Begegnung mit Daniel Boudinet.

Weber war 21, ließ sich durch die Straßen in Paris treiben und hatte endlich an den Auftrag von einer Mode Zeitschrift ergattert. Er fotografierte, brachte den Film ins Labor - und hörte entsetzt, dass der Film leer war. Auch beim zweiten Versuch das gleiche Ergebnis. Ein Albtraum für einen jungen Fotografen.

Die Aufklärung brauchte ein Geständnis von Daniel Boudinet: Das Objektiv, das ihm Bruce geliehen hatte, war Daniel der Tasche gefallen - und seitdem unbrauchbar.

Weber schließt den Abschied mit den Worten:

"Der Fotografie wohnt ein Element des Vergebens inne … Wir müssen Menschen als das akzeptieren, was sie wirklich sind und was aus ihnen geworden ist. Manchmal ist es schwer, Ihnen und sich selbst dafür zu vergeben, wie das Leben uns unweigerlich alle verändert. Für mich liegen Geheimnis und Glück der Fotografie darin, dass sie diesen ersten Augenblick weiter leben lässt und mir dabei hilft, ihn niemals zu vergessen."

Mein Fazit

Bruce Weber. My Education ist weit mehr als ein Bildband. Es ist ein persönliches Mosaik aus Erinnerungen, Begegnungen, Einflüssen und Freundschaften, das Webers Werk in einem neuen Licht zeigt. Anstelle einer linearen Werkschau öffnet das Buch Türen zu einzelnen Themenräumen, in denen man dem Fotografen nahekommt - als Künstler, aber auch als Mensch.

Für mich als jemand, der Porträts nicht automatisch zu seinem liebsten Genre zählt, war die Lektüre eine echte Entdeckung. Es ist inspirierend zu sehen, wie stark Webers Arbeit von Menschen, Beziehungen und Geschichten getragen ist. 

Wer sich für Fotografie interessiert - egal ob Mode, Porträt oder dokumentarisch - wird in diesem Buch eine Fülle von Bildern und Gedanken finden, die weit über die reine Oberfläche hinausgehen. My Education ist nicht nur eine Rückschau, sondern ein Lehrstück darüber, wie Kunst entsteht: aus Offenheit, Neugier und der Fähigkeit, Menschen wirklich zu sehen.

Bruce Weber. My Education

Bruce Weber, My education, foto.kunst.kultur

Verlag Taschen
Hardcover, 24.3 x 35.5 cm, 3.41 kg, 564 Seiten
ISBN 978-3-8365-9944-3
Ausgabe: Mehrsprachig (Deutsch, Englisch, Französisch)
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Bruce Weber. My Education – Ein Bildband voller Geschichten | zuletzt überarbeitet am: 20.08.2025

Über mich, Helga Partikel

Ich bin Fotografin aus Leidenschaft und habe mich ganz der kreativen Fotografie und der Fotokunst verschrieben. Gerne gebe ich meine Begeisterung und mein Wissen in Fotokursen und auf Fotoreisen weiter. Lass dich von mir anstecken!

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Das sagen Teilnehmer zu meinen Kursen

Ich kann allen empfehlen, ... die Meisterklasse zu besuchen

Ich habe jetzt das erste Modul der Meisterklasse absolviert und bin begeistert. Die Aufgabe „Serie in rot“ war klar definiert, aber nicht so einfach umzusetzen. Ich musste zuerst drei Ideen hierzu entwickeln, kurze Konzepte erstellen, die dann mit Helga besprochen wurden.
Durch dieses Vorgehen habe ich - mal wieder - gesehen, wie wertvoll es doch ist, sich zuerst ein Konzept zu erstellen und erst dann ganz gezielt zu fotografieren.
Ich kann allen, die sich fotografisch weiterentwickeln wollen, nur empfehlen, die Meisterklasse zu besuchen! Durch die individuelle Betreuung wir das fotografische Können des Einzelnen berücksichtigt.

Conny

Dein Input motiviert mich

Ich bin jedes Mal, wenn ich an meinen Fotoprojekten arbeite, sehr glücklich, mich für Deine Meisterklasse entschieden zu haben. Die Meisterklasse ist nicht einfach, sie fordert mich heraus. Und genau das ist gut so. Dein Input motiviert mich und hilft enorm, mich weiter mit meiner Fotografie auseinanderzusetzen und zu verbessern. Danke!

Irena

Das 1:1-Format des foto.coach war perfekt für mich

Das 1:1-Format des foto.coach war perfekt für mich. Als Anfängerin in der Fotografie war dieses 1:1-Format des foto.coach perfekt für mich. Ganz besonders für meinen Einstieg in Lightroom.

Ich bin Dir, Helga, richtig dankbar für Deine Geduld, und dass Du immer so zeitnah geantwortet hast, wenn ich vor unlösbaren Fragen stand.

Mein Horizont für das, was in der Fotografie möglich und für gute Fotos nötig ist, hat sich in diesem halben Jahr sehr geweitet und Lust auf mehr gemacht. Jetzt freue ich mich aufs Weitermachen in der Meisterklasse.

Ulrike
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