Claudia Omonsky: Die hohe Kunst des Feedbacks
Feedback in der Fotografie: „Net gschimpft is g´lobt gnuag“
(oberpfälzisch für: Nicht geschimpft ist Lob genug)
Nun bin ich in der Meisterklasse von Helga gelandet und mitten drin in einem tollen Prozess von Weiterentwicklung und neuen Impulsen. Besonders intensiv erlebe ich immer die Klassentreffen.
Dort sprechen eine Menge Leute miteinander über die jeweiligen eingereichten Arbeiten der Teilnehmer. Nicht alle von ihnen kennen sich persönlich. Dennoch setzen wir uns regelmäßig dem Bildbesprechungs-Prozess aus, einander die Ergebnisse von mindestens zwei Monaten Arbeit zu präsentieren – intensive Herzensangelegenheiten - und nach Rückmeldung dazu zu fragen.
Um es vorweg zu nehmen: ich habe keinerlei negative Erfahrung dabei gemacht, sondern ganz im Gegenteil von den wertvollen Rückmeldungen profitiert! Es ist sehr schön, in einer durchwegs konstruktiven Besprechungsgruppe sein zu dürfen.
Dabei sind mir ein paar Aspekte der hohen Kunst des Feedbacks in den Sinn gekommen, die ich für wert halte, sie zu teilen.
Wenn ich Fotos betrachte, ist eines sichergestellt: Ich werde mir bewusst oder unbewusst eine Meinung dazu bilden. Der Fotograf muss also damit rechnen, die Meinungen anderer zu seinem Werk zu hören. Und in verschiedenen Situationen möchte man diese Meinung ja auch explizit einholen, zum Beispiel bei Bildbesprechungen. Schließlich geht es immer darum, sich weiterzuentwickeln und zu lernen. Auch Anerkennung und Lob sollen dabei natürlich nicht zu kurz kommen.
Feedback in der Fotografie: „Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass“
Seien wir ehrlich: mit diesem Gefühl haben wir vermutlich alle schon einmal Feedback entgegen genommen. Es ist nicht immer leicht, Feedback zu nehmen und umgekehrt auch zu geben. Schließlich geht es um die Balance zwischen Ehrlichkeit und Achtsamkeit gegenüber der Person.
Die Wissenschaftsforschung sagt: es gibt keine objektive Rückmeldung. Denn die Aussagen einer Person über eine andere (sein Verhalten, seine Arbeit, seine Fotos,...) sind keine objektiven Wahrheiten, sondern lediglich subjektive Eindrücke. Sie sind immer persönlich gefärbt.
Es ist also gar nicht so leicht, konstruktives Feedback zu geben, das etwas mehr aussagt als die eigene Meinung. Doch wenn man einige wenige Grundregeln beachtet, kann jeder konstruktives Feedback geben, das beim Gegenüber dann hoffentlich auch richtig ankommt:
- Immer zuerst positive Rückmeldungen: Wenn ich zuerst etwas Gutes höre, kann ich die darauf folgende Kritik viel leichter annehmen. Einseitige Betonung von negativen Aspekten führt zu Verzerrungen, der Feedback-Nehmer geht in eine innere Abwehr und beginnt sich zu rechtfertigen. Allerdings sollte Feedback nicht allein die ultimative Lobhudelei werden, auch das wäre verkürzt.
- Keine Verallgemeinerungen: Feedback sollte möglichst konkret formuliert sein. Es ist notwendig, positive und negative Beispiele zu nennen und möglichst auch einen Verbesserungsvorschlag zu machen. Statt der großen Keule sind kleine Kritik-Portionen besser verdaulich. Es bietet sich an, in der Ich-Form zu formulieren. So vermeidet man den Eindruck von Verallgemeinerungen oder Zuweisungen.
- Fragen stellen: um adressatenbezogenes Feedback zu geben, muss ich möglichst gut wissen, was sich der andere dabei gedacht hat. Einfaches Nachfragen ist immer besser als allgemeines Anstellen von Vermutungen.
- Feedback dankbar annehmen: besonders schwierig ist es oft, die Rückmeldungen unkommentiert und dankbar entgegen zu nehmen. Als Feedback-Nehmer brauche ich gar nicht viel dazu sagen, sondern darf es erstmal auf mich wirken lassen. So vermeide ich Rechtfertigungsversuche. Ich kann in Ruhe darüber nachdenken und danach selbst entscheiden, was davon ich annehmen möchte und was eher nicht. Wer sich sofort verschließt, der überhört vielleicht die wichtigen Punkte.
„Old Ways won´t open new Doors“
Ohne Feedback gibt es wenig Entwicklung und Wachstum. Wir sind alle auf unser Gegenüber angewiesen, das uns spiegelt und als Korrektur wirkt - auch wenn es manchmal unliebsam und unbequem ist. Ich kann dann leichter Feedback annehmen, wenn ich den Eindruck habe, mein Feedback-Geber hat Ahnung von der Sache, ist Experte und kennt sich aus. Abseits von seinem persönlichen Geschmacksempfinden kann ein Experte mir viel mehr objektivierbarere Ansatzpunkte mitteilen. Und dann darf er mir auch gerne mal den Pelz nassmachen – damit sich neue Türen aufmachen.
Claudia Omonsky ...
... ist seit 2005 als Seminarrektorin in der Ausbildung der Studienreferendare für den Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung in der Oberpfalz tätig. Sie ist Geistig-und Körperbehindertenpädagogin, Montessori-Lehrerin, Yogalehrerin, Buchautorin – und Hobbyfotografin aus Leidenschaft.
Derzeit ist sie Teilnehmerin in meiner Meisterklasse Kreative Fotografie.
Ich danke dir für diesen informativen Artikel, liebe Claudia. Da ich gutes Feedback für einen der wichtigsten Schritte im Lernprozess halte, bin ich überzeugt davon, dass er für die Kursteilnehmer sehr, sehr wertvoll ist.
Das Foto oben hat Claudia bei unserem Wabi-Sabi-Kurs im Egglhof aufgenommen. Und dafür viel gutes Feedback erhalten. Zu Recht, wie ich finde.