Vollmond-Bilder vom Feinsten: Fullmoon

„Es liegt etwas Spukhaftes im Mondschein; er hat die ganze Kühle einer körperlosen Seele und etwas von ihrem unbegreiflich Geheimnisvollen.“
Joseph Conrad, Lord Jim
Sonnenuntergänge und Nachtaufnahmen gehören zu den beliebtesten Motiven von (Hobby)Landschaftsfotografen. Es gibt Millionen davon. Da kann eigentlich nicht mehr viel Neues kommen. Oder doch?

Der britische Fotograf und Konzeptkünstler Darren Almond (geb. 1971) hat sich auf die Reise gemacht und immer dann fotografiert, wenn die Landschaft ins Licht des Vollmonds getaucht war. Von Schottland bis China, von Rügen bis Hawaii – Almond hat sich rund um den Erdball mitten in der Nacht auf Motivsuche begeben.
Das Ergebnis dieses Schaffens präsentiert der Taschen-Verlag in dem großformatigen Bildband „Fullmoon“.
Um es vorweg zu nehmen: Den Mond sieht man nur selten auf den Bildern. Er spendet das Licht und taucht die Landschaft in eine mystische Szenerie.

„Langzeitbelichtung“ heißt das technische Schlagwort für diese Art der Fotografie. Aber hier geht es ganz und gar nicht um Technik. Hier geht es um den Kern der Fotografie: um das Licht.
„Während der langen Belichtung siehst du nie, was du gerade fotografiert. Aber du gibst der Landschaft mehr Zeit sich auszudrücken“,
sagt Darren Almond.
Einige Aufnahmen wirken, als seien sie im Morgengrauen oder gar bei Tag gemacht. Bei anderen ist die Landschaft nur schemenhaft zu erkennen, weil der Mond von Wolken bedeckt ist. Sternenlinien überziehen den Himmel, die Natur wirkt surreal und gespenstisch.
„Manche der fotografischen Ansichten Almonds vermitteln das Gefühl, wie es gewesen sein muss, als einer der ersten Entdecker das Auge über eine Landschaft schweifen zu lassen.“
– so steht es im Vorwort des Buchs, das von Sheena Wagstaff stammt, der Leiterin des Modern and Contemporary Art Department des Metropolitan Museum New York.

Und das ist es, was für mich den besonderen Charme der Fotos ausmacht: Man fühlt sich in eine andere Welt und eine andere Zeit versetzt. Nicht der geografische Ort der Landschaften zählt, sondern ihre Atmosphäre und Ausstrahlung.
Sind es vielleicht innere Landschaften, die man beim Betrachten der Bilder sieht? Eine ähnliche Kraft haben meist nur gemalte Landschaften. Sheena Wagstaff und vergleicht Almonds Arbeitsweise mit Meistern wie Turner und John Constable:
„Sein Schaffen kann als zeitgenössisches Fortsetzung der britischen Landschaftstradition verstanden werden, die unverkennbar romantische Züge trägt.“
Man könnte (mond)süchtig werden. Aber leider ist das Buch derzeit nur noch gebraucht erhältlich.