Ihre besten Fotos haben mehr Aufmerksamkeit verdient, als auf der Festplatte herum zu liegen. Erstelle daraus einen Kalender, ein Fotobuch oder einen hochwertigen Ausdruck! Hochwertig – wohl gemerkt. Ich spreche also nicht vom Ausbelichten der Fotos im Drogerie- oder Supermarkt, sondern vom sog. FineArt-Print. Natürlich kannst du hierfür einen Fachmann bemühen. Weit mehr Spaß macht es aber, die Bilder selbst auszudrucken.
Dazu benötigst du zunächst mal einen geeigneten Drucker, Tinte (im FineArt-Print werden Pigmentfarben eingesetzt, die leider ihren Preis haben) und Papier. Letzteres auszuwählen, ist gar nicht so einfach. Es gibt unglaublich viele Variationen auf dem Markt.
Über das richtige Fotopapier
In einem Interview mit Sebastian Dorn, Inhaber des Papier-Fachhandels SD-FineArt-Shop, versuche ich die wichtigsten Fragen zu klären:
Helga Partikel, foto.kunst.kultur (HP):
Herr Dorn, es gibt so viele Papiere auf dem Markt. Für den Druck-Einsteiger ist es gar nicht so leicht, da durchzublicken. In welchen Hauptkriterien unterscheiden sich Papiere?
Sebastian Dorn, SD-FineArt-Shop (SD):
Die offensichtlichsten Unterscheidungsmerkmale sind wahrscheinlich die Oberflächen. Da gibt es matte Papiere, Hochglanzpapier und seidenglänzende Oberflächen.
Ein weiterer wichtiger Unterschied ist die Oberflächenstruktur. Für unterschiedlichste Vorlieben und Ansprüche gibt es unterschiedlich stark ausgeprägte Strukturen wie z. B. "Hahnemühle William Turner" oder "Sihl Masterclass Textured Cotton Paper". Dann gibt es auch samtig weiche Oberflächen die meist mit "smooth" gekennzeichnet sind, Beispiele hierfür sind das "Moab Somerset Museum Rag" oder das "Tecco PFR295 FineArt Rag".
Wer noch am Anfang steht und wenig Erfahrung mit dem Drucken gesammelt hat, dem empfehle ich mit kostengünstigeren Fotopapiere das FineArt Printing erlernen. Damit lässt sich auch der eine oder andere Fehldruck verschmerzen.
HP: Worin unterscheidet sich ein FineArt-Papier von einem normalen Fotopapier?
SD: FineArt Papiere haben im Gegensatz zu Fotopapieren keine Sperrschicht zwischen dem Papierträger und der Tintenaufnahmeschicht. Bei den Fotopapieren sorgt eine PE-Schicht (Polyethylen) dafür, dass keine Tinte aus der Tintenaufnahmeschicht in das Papier eindringen kann.
Ein weiterer bedeutender Unterschied ist die Haltbarkeit der Papiere und damit letztendlich auch der Drucke. Dies wird durch verschiedene Maßnahmen erreicht.
Der Verzicht auf die PE-Sperrschicht, denn diese Polyethylenschicht würde mit den Jahren verspröden und zerfallen.
Verwendung von Papier, das säure- und ligninfrei ist, wie Alpha-Zellulose oder Fasern der Samenkapseln von Baumwollpflanzen. Dadurch soll der Zerfall und das Vergilben des Papiers verhindert bzw. verzögert werden.
Der Verzicht auf optische Aufheller. Diese Aufheller sorgen für ein hellweißes Papier, haben aber die Eigenschaft leicht zu zerfallen und damit den Wießheitsgrad des Papiers langfristig zu verändern. Hellweiße FineArt Papiere sind allerdings immer auf zumindest einen geringen Anteil an optischen Aufhellern angewiesen.
FineArt Papiere sind also in erster Linie sehr hochwertige Papiere, welche auf lange Haltbarkeit optimiert sind. Dabei soll die Wertigkeit durch die Optik und Haptik erlebbar sein. Die Struktur des Papiers ist sichtbar und fühlbar.
FineArt Papier verleiht unseren Motiven durch den eigenen Charakter noch mehr Aussagekraft und macht den Druck erst zu einem vollendeten Kunstwerk.
HP: Wie steht es mit der Grammatur. Wann wähle ich welche Papierstärke?
SD: FineArt Papiere sind durch die fehlende Sperrschicht empfindlich bei Übersättigung der Tintenaufnahmeschicht. Das Papier kann sich dann bei niedriger Grammatur leichter wellen und im schlimmsten Fall sogar den Druckkopf berühren. Eine hohe Grammatur ist daher von Vorteil. Außerdem wird dadurch auch die Haptik maßgeblich beeinflusst, was die Grammatur auch zu einem Bildgestaltungsmittel werden lässt. Bei einem Fotobuch beeinflusst die Grammatur auch das Umschlagverhalten.
HP: Es gibt rein weiße und eher gelbliche Papiere. Was ist bzgl. des Weißheitsgrads zu beachten?
SD: Der Weißheitsgrad ist zum einen ein Bildgestaltungsmittel um seinem Motiv zusätzlich eine warme oder eher kalte Bildwirkung mitzugeben. Zum anderen ist es einfach eine Entscheidung die einem durch das Motiv bzw. die Farben im Bild vorgeben werden. Für den Druck einer Winterlandschaft würde ich sicher eher zu einem hellweißen Papier greifen.
HP: Welches Papier würden Sie empfehlen, wenn die Bilder hinter Glas gerahmt werden und welches für die Präsentation in einer Mappe?
SD: Meiner Meinung nach ist gerahmt hinter Glas das Papier auch schon fast wieder egal. Nur ein hoch glänzendes Papier hat hier die Chance nicht an Ausstrahlung einzubüßen. Das klingt jetzt sicher etwas hart aber wann immer möglich, versuche ich auf die Verwendung von Glas zu verzichten. Die feine Struktur des Papiers und die Details des Druckes gehen hinter Glas leider einfach verloren.
Sollte das Bild in einem Bereich hängen, wo die Gefahr besteht durch Betrachter berührt zu werden, dann kommt man um die Verwendung von Glas nicht herum.
Bei Präsentationsmappen muss man sich zunächst den Aufbau der Mappe genau ansehen. Gibt es für jedes Bild eine schützende Tasche kann auch ein empfindlicheres Papier verwendet werden. Reiben die Drucke beim Blättern aneinander oder werden berührt, ist ein Papier mit robusterer Oberfläche besser geeignet.
HP: Auch die Druckerhersteller bieten meist Papier an. Sind diese Papieren von Fremdherstellern vorzuziehen?
SD: Der Vorteil der Papiere der Druckerhersteller ist die Integration der Farbprofile in den Druckertreibern. Vor allem für Druck Anfänger ist das ein Vorteil. Man braucht sich hier nicht erst in Datenblättern die richtige Einstellung für die Verwendung des entsprechenden Farbprofils raussuchen. Wer jedoch mit Farbprofilen umgehen kann und reproduzierbare Drucke erstellen möchte, kann auf diese Papiere verzichten und die große Auswahl der Fremdhersteller nutzen.
HP: Sie bieten Papiere von verschiedenen Herstellern an. Gibt es gravierende Unterschiede zwischen den einzelnen Herstellern?
SD: Nein. Die Unterschiede sind fein, und doch ist jedes Papier individuell. Leider bleibt hier nur die Qual der Wahl um DAS Papier zu finden, oder man setzt auf Mut zur Lücke wenn man schon ein Papier gefunden hat mit dem man zufrieden ist.
HP: Gibt es Papiere, die nur für bestimmte Drucker geeignet sind? Oder kann ich beliebig wählen, ganz egal, welches Gerät ich einsetze.
SD: Die bei uns erhältlichen Papiere sind für Drucker mit Wasser basierenden Dye- oder Pigmenttinten geeignet. Dye-Tinten findet man in normalen Bürodruckern und günstigen Fotodruckern. Will man diese Drucker verwenden, muss man auf die Verwendung von ICC-Farbprofilen in der Regel verzichten oder selbst welche erstellen.
Wer sich ernsthaft mit dem FineArt Printing befassen möchte, kommt um die Verwendung eines Druckers mit Pigmenttinten nicht herum. Dann steht aber von den meisten Papierherstellern auch das passende Farbprofil zur Verfügung. Bei schweren Papieren muss man prüfen, ob der eigen Drucker auch mit der gewünschten Papierstärke zurechtkommt.
HP: Für mich hängt die Wahl des Papiers auch vom Motiv ab. Welche Empfehlungen können Sie hier geben?
SD: Da kann ich Ihnen nur zustimmen. Meiner Meinung nach sollte das Motiv sogar das Hauptkriterium für die Wahl des Papiers sein. Allerdings kann man für die Motiv bezogene Wahl nicht wirklich eine Empfehlung abgeben. Hier hilft nur Ausprobieren und das Papier seinem eigenen fotografischen Stil entsprechend auszuwählen. Das ist ja gerade das Schöne am FineArt Printing, man bekommt (wie früher in der Dunkelkammer) eine weitere Gestaltungsmöglichkeit dazu.
Mit einigen speziellen Papieren hat man noch dazu die Möglichkeit, bestimmte Bildelemente besser zur Geltung zu bringen. Mir fällt da ganz spontan das "Moab Slickrock Metallick Silver" ein. Ich bin immer wieder begeistert, wie dynamisch bewegtes Wasser damit wirkt.
Ein weiteres Kriterium für die Wahl des Papiers, ist z. B. die geplante Verwendung. Es gibt Papiere, die eine sehr empfindliche Oberfläche haben und wirklich nur mit Samthandschuhen behandelt werden sollten. Viele Berührungen mit der Hand oder Kontakt mit anderen Drucken führt sehr schnell zu Beschädigungen. Solche Papiere sind für eine Buchprojekt oder einen Fotowettbewerb weniger geeignet.
HP: Sind alle Papiere lichtecht, d. h., verblassen die Farben auch dann nicht, wenn das Foto in der Nähe eines Fensters hängt?
SD: Solange die Druckausgabe ganz im Sinne des FineArt Printing auf hochwertigen archivsicheren Papieren mit Pigmenttinten erfolgt, können die Drucke ohne Bedenken auch in der Nähe von Fenstern dem Sonnenlicht ausgesetzt werden. Viele Hersteller haben die Archiv-Sicherheit und UV-Beständigkeit testen und bestätigen lassen.
HP: Wie lange ist FineArt-Papier überhaupt haltbar? Wie leicht kann das Papier selbst vergilben oder anderen Schaden nehmen?
SD: Richtig gelagert braucht sich niemand sorgen machen, dass sein Papier Schaden nimmt und nicht mehr zum Drucken geeignet ist. Die genauen Lagerbedingungen sind immer in den Datenblättern des Papiers angegeben. In der Regel macht man bei Temperaturen zwischen 10°C und 30°C bei Luftfeuchtigkeit von 35% bis 70% nichts falsch. So ziemlich jedes Büro sollte dafür in Frage kommen.
HP: Oft ist es sicher auch eine Frage des eigenen Geschmacks. Welches ist Ihr Favorit?
SD: Ich probiere immer mal was Neues aus und teste meine Motive gern mit verschiedenen Papieren bevor ich mich bei einem Foto für ein Papier festlege, um es z. B. für eine limitierte Auflage zu drucken. Eines meiner Lieblingspapiere ist aber das "Moab Entrada" oder das "Tecco BFS310", wenn ich ein Barytpapier verwende.
HP: Herr Dorn, ganz herzlichen Dank für dieses aufschlussreiche Interview. Ich bin sicher, es wird bei vielen Lesen etwas Licht ins Dunkel der Papierwahl bringen und vielleicht auch Lust dazu machen, selbst auszudrucken.