Als Liebhaberin großer Fotokunst komme ich an Bildbänden nicht vorbei. Ich liebe es, in ihnen zu blättern, über die Künstler zu lesen und mich inspirieren zu lassen. Deshalb verfolge ich auch aufmerksam das Programm der Verlage, die sich auf (Foto)kunst spezialisiert haben. Einer davon ist der renommierte Taschen-Verlag: DER Verlag unter den Bildband-Verlagen.
Die Geschichte des Taschen-Verlags
Gegründet wurde der Verlag am 9. Februar 1980 in Köln von Benedict Taschen, der seine umfangreiche Comic-Sammlung verkaufen wollte. Der Anfang einer einzigartigen Erfolgsgeschichte war gemacht.
Mit geliehenem Geld kaufte Benedict Taschen in den USA die Restauflage eines Bildbandes über René Magritte für einen Dollar pro Buch - und verkaufte alle 40.000 Exemplare innerhalb von zwei Monaten zum Ladenpreis von nur 9,95 DM. Sein Resümee aus diesem Handel: Der von teuren Kunstbüchern dominierte Kunstbuchmarkt schreit nach preiswerten Bildbänden. Dieser Gedanke wurde Programm.
1995 brachte der Verleger die sog. „Kleine Reihe“ auf den Markt, eine Kunstbuchserie mit den Schwerpunkten Kunst, Architektur, Design, Film und Lifestyle. In den Folgejahren etablierte sich die Reihe zur erfolgreichsten Kunstbuchserie der Welt. Allen über 200 Titel gemeinsam sind Umfang (96 Seiten), Format (21*26 cm) und Preis (12 €).
Genau das Gegenteil der „Kleinen Reihe“ sind die „Limited Editions“: hochpreisige Bücher in limiterierter Auflage. Fotogeschichte schrieb der Verlag 1999, als er eine sog SUMO-Ausgabe von Helmut Newton veröffentlichte. Das erste Exemplar wurde auf einer Charity-Auktion in Berlin für 620.000 DM versteigert und brach damit den Rekord für das teuerste Buch des 20. Jahrhunderts.
Die „Kleine Reihe“ und die „Limited Editions“ sind nur zwei Serien des Verlags. Es gibt andere Serien und auch Einzelbände. Mit mehr als 20 Millionen verkaufter Bücher wurde der Taschen-Verlag aus Köln Weltmarktführer im Bildbandbereich (Stand 2014).
2020 feierte der Verlag seinen 40. Geburtstag. Normalerweise bekommt das Geburtstagskind ein Geschenk zum Ehrentag. Der Taschenverlag macht es anders: Er beschenkt seine Leser mit einer weiteren Reihe, der „40th Anniversary Edition“. Auch hier weisen alle Bücher der Serie Gemeinsamkeiten auf: Hardcover, 15,6 * 21,7 cm, 20 €.
Zwei Titel, die für uns Fotofreunde besonders interessant sind, möchte ich hier vorstellen:

Peter Lindbergh. On Fashion
Peter Lindbergh (1944-2019) war ein deutscher Fotograf und Filmemacher. Zunächst in der Malerei und Konzeptkunst beheimatet, wandte er sich 1971 der Fotografie zu. 1978 zog er nach Paris und arbeitete dort für die Zeitschrift Vogue und andere bedeutende Magazine.
Weltweit berühmt wurde Lindbergh durch seine zahlreichen Portraits. Alles, was Rang und Namen hatte, stand vor seiner Kamera: Jeanne Moreau, Catherine Deneuve, Mick Jagger, Keith Richards, Charlotte Rampling, Nastassja Kinski, Tina Turner, Madonna, Cate Blanchett, Kate Winslet und viele andere mehr.
Ein Bild schrieb Fotogeschichte: Peter Lindbergh brachte die Supermodels Linda Evangelista, Naomi Campbell, Tatjana Patitz, Cindy Crawford und Christy Turlington für ein Shooting zusammen. Lingberg über sein berühmtes Bild:
„Ich machte sehr einfache Aufnahmen. Die Frauen waren kaum geschminkt und ich wollte, dass alle das Gleiche anhatten, weiße Hemden.“
Gewagt für einen anerkannten Modefotografen, oder? Die damalige Chefredakteurin der Vogue weigerte sich, das Foto zu drucken. Als Anna Wintour den Posten übernahm, entdeckte sie die Abzüge in einer Schublade und veröffentlichte ein Bild der Serie. Sie bezeichnete die Aufnahme als die "wichtigste Fotografie des Jahrzehnts".
„‚Das Supermodel‘ verkörperte fortan die kraftvolle Frau, die ich gemeint hatte, und ihre Bilder beherrschten die Modefotografie der nächsten 15 Jahre.“
In dem 512 Seiten dicken Buch werden mehr als 300 zum Teil unveröffentlichte Fotos gezeigt. Ein Must-have nicht nur für Freunde der Porträtkunst.
Wolfgang Tillmans. four books
Gleiche Reihe - andere (Foto)welt. Der zum Jubiläum erschienene Band über Wolfgang Tillmans zeigt alle vier bislang im Taschen-Verlag veröffentlichten Bücher über den deutschen Fotografen in einem Band.
Wolfgang Tillmans (* 1968) zählt zu den wichtigsten zeitgenössischen Künstlern. Wie kaum ein anderer setzt er sich mit dem Medium „Fotografie“ auseinander. Seine Fotos entstehen mit der Kamera, aber auch in der Dunkelkammer (ohne Kamera) oder mit Hilfe eines Kopierers.
Sie sind ein Spiegel unserer Welt (eines der Bücher in der Geburtstagsedition heißt „Neue Welt“). Tillmans beobachtet seine Umwelt aufmerksam. Oft legt er den Finger in Wunden, der Anblick so mancher Bilder macht Aspekte unserer Zeit erschreckend sichtbar. Sein Werk umfasst Portraits, Stillleben, Himmelsaufnahmen, Landschaften, Abstraktionen und Installationen. Er sagt über seine Arbeit:
„Ich mache Bilder, um die Welt zu erkennen.“
Tillmans Kunst wurde mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, u. a. im Jahr 2000 mit dem Turner Prize - womit er der erste Nicht-Engländer ist, dem dieser renommierte Preis verliehen wurde. 2009 erhielt er den Kulturpreis der Deutschen Gesellschaft für Fotografie.
Von 1998 bis 1999 war er Gastprofessor an der Hochschule für bildende Künste Hamburg, von 2003 bis 2006 Professor für interdisziplinäre Kunst an der Staatlichen Hochschule für Bildende Künste, der Städelschule in Frankfurt am Main.
Die Jubiläumsedition des Taschenverlags umfasst die Bände:
- Wolfgang Tillmans (1995)
- Burg (1998)
- Truth study center (2005)
- Neue Welt (2012)
„Ein Rückblick auf Jahrzehnte im Fotobuch four books: vier Bücher in einem als Bestandsaufnahme. Wolfgang Tillmans‘ Bildsprache hat der Kunst neue Wege geöffnet. Beeindruckend: das fotografische Universum des Turner Preisträgers."
ZDF Kulturzeit
