Vor einigen Jahren habe ich einen kurzen Blogbeitrag zur einem Zitat von Henri Cartier-Bresson geschrieben. Heute bin ich zufällig darauf gestoßen und habe beschlossen, ihn zu überarbeiten und zu ergänzen. Zunächst aber das Zitat:
Auf jeden Fall aber kümmern sich die Menschen zu viel um die photographische Technik und zu wenig um das Sehen.
Henri Cartier-Bresson (1908-2004)
Schon enorm, dass dieses Zitat aus analogen Zeiten stammt. Die Kameras damals hatten weit weniger Funktionen als die kleinste Hobbykamera von heute. Und dennoch stand die technische Seite der Fotografie offensichtlich auch damals für viele im Mittelpunkt.
Kommt es wirklich auf die Technik an?
Beim Betrachten der Bilder von großen Fotokünstlern wird klar, daß es auf die Ausrüstung nicht ankommt. Ein wenig Technikverliebtheit macht vielleicht Spaß (und den sollte man sich auch nicht nehmen lassen). Wer gute Fotos machen will, muss aber auf andere Dinge achten: auf das richtige "Sehen" oder "Hinschauen" z.B., wie es Henri Cartier-Bresson rät.
Wer mich und meine Arbeit kennt, der weiß: Dem kann ich aus vollem Herzen zustimmen. Viel wichtiger sind für mich u. a. Kreativität, Bildaussage, Komposition, ...
ABER
Jetzt kommt das ABER der Geschichte. Du kannst noch so kreativ sein: Wenn du mit deiner Kamera nicht umgehen kannst, wirst du keine guten Bilder machen. Daher kommst du um ein gewisses technisches Verständnis und Grundwissen nicht herum. Auch ein Maler muss lernen, mit seinem Equipment umzugehen, bevor er seine Ideen umsetzen kann. Ein Musiker lernt die Noten und übt Tonleitern, ein Autor muss Meister der Sprache sein.
Mein Rat
Tobe dich kreativ aus, aber kümmere dich auch darum, dass du die Grundlagen der Kameratechnik im Schlaf beherrscht! Und lerne die Regeln der Bildkomposition kennen! Sie sind das A und O für ausdrucksstarke Fotos.
Deine Kamera ist dein Handwerkszeug. Wenn du kreativ fotografieren willst, musst du die Funktionen deiner Kamera kennen – zumindest die wichtigsten. Du musst nicht das Handbuch auswendig lernen, um bessere Fotos zu machen. Es ist nicht viel, was du wissen musst. Sowieso sind die meisten Kameras mit Funktionen überfrachtet, die man selten oder nie braucht.
Du bist der Fotograf – nicht deine Kamera!
Also verzichte weitgehend auf automatisch eingestellte Funktionen und übernimm selbst das Ruder.
Die wichtigsten Funkionen/Einstellungen, die dir vertraut sein sollten:
Blende/Verschluss/ISO: Richtig belichten
Die meisten Einsteiger kämpfen mit der Belichtung. Darüber bist du sicher längst hinaus. Oft geben auch fortgeschrittene Kursteilnehmer von mir Schwächen bei der Belichtung zu (was mich dazu bewogen hat, den Onlinekurs Festigen der Grundlagen zu erstellen). Häufig merke ich, dass bei der Aufnahme zu wenig auf die Technik geachtet wurde. Nach dem Motto: Die Bildbearbeitung wird's richten.
Achte unbedingt bei der Aufnahme auf die Belichtung! Auch Lightroom und Photoshop können nicht zaubern. Außerdem leidet die technische Qualität beim Versuch, falsch belichtete Bilder doch irgendwie zu retten.
Du solltest wissen:
- Wie du manuell mit dem Belichtungsdreieck belichtest: Blende, Belichtungszeit (Verschluss), ISO.
- Wie die Kamera das Licht misst und wie du die Belichtung anpassen kannst.
- Wie du die Belichtung beurteilst: das berühmte Histogramm.
Zur Belichtung gibt es einen ausführlichen Blogbeitrag: Richtig belichten - so geht's
Der Weißabgleich
Damit die Farben auf deinen Bildern natürlich wirken, solltest du den Weißabgleich verstehen und wissen, wie du ihn einsetzt. Farbtreue ist zwar schön und gut, muss aber nicht immer sein. Der Weißabgleich eignet sich wunderbar, um Farben kreativ einzusetzen.
Fokussieren: scharfe Bilder
Keine Frage: Ein Bild muss dort scharf sein, wo es scharf sein soll. Damit du mit Schärfe und Unschärfe kreativ spielen kannst, musst du wissen, wie du die Schärfe manuell einstellst und die Autofokusfunktion deiner Kamera effektiv nutzt. Und auch wie du gezielt Unschärfe ins Bild bringst. Siehe dazu auch: Muss denn immer alles scharf sein?
Die Brennweite: nah dran oder viel drauf?
Die Brennweite ist die Funktion, die man am schnellsten beherrscht: Man dreht am Zoomring des Objektivs und entscheidet damit, was genau aufs Bild kommen soll. Das haben auch Kinder schnell raus.
Aber die Brennweite bewirkt weit mehr: Sie beeinflusst nicht nur den Bildausschnitt, sondern auch die Perspektive. Mit Hilfe der Brennweite kannst du Raum schaffen oder unterdrücken.
- Weitwinkel zieht auseinander, schafft Raum.
- Tele schiebt zusammen, unterdrückt Raum.
Dabei fällt mir ein: Dieses Thema wäre doch einen Blogbeitrag wert. Ich ergänze gleich meine ToDo-Liste und verlinke den Beitrag hier, sobald er geschrieben ist.
RAW oder JPG?
Fotografierst du in RAW oder in JPG? Auf jeden Fall solltest du die Vor- und Nachteile der Dateiformate kennen und auch wissen, wie du am PC damit umgehst. Auch dazu gibt es einen Betrag in meinem foto.blog: Welches Aufnahmeformat ist sinnvoll?
Tipp
Das sind zwar nur die wichtigsten Funktionen, aber es sind die, die du im Schlaf beherrschen solltest. Sicher verfügt deine Kamera über einige weitere nützliche Einstellungen.
Daher mein Tipp: Blättere ab und zu im Kamera-Handbuch und probiere Funktionen aus, die du nicht kennst. Du wirst selbst merken, welche davon du wirklich brauchst und welche du getrost vergessen kannst.
Die Ausrüstung
Zum Schluss noch ein Wort zur Ausrüstung. Die Kamerahersteller wollen uns weismachen, dass wir mit dem Kauf einer neuen Kamera auch bessere Bilder machen. Vielleicht eine schöne Idee, aber auch erschreckend, oder? Dann wären Fotografen mit dickem Geldbeutel die Stars.
Ich bin davon überzeugt:
Ein guter Fotograf macht mit dem einfachsten Handy bessere Bilder, als ein schlechter mit der teuersten Ausrüstung.
Im Handel (und leider auch in vielen Internet-Foren) wird immer wieder geraten, sich Objektive mit einer breiten Bandbreite von Brennweiten anzuschaffen. Die ganze Palette. Erst dann sei eine Ausrüstung komplett. Mit Verlaub: Das ist Quatsch.
Deine Ausrüstung ist dann komplett, wenn du damit deine kreativen Visionen umzusetzen kannst.
Ich rate meinen Kursteilnehmern immer, sich NICHTS zu kaufen, sondern erst einmal mit dem vorhandenen Equipment zu üben, zu üben und noch einmal zu üben. Wenn man die Grundlagen beherrscht, weiß man meist selbst, was man braucht.
Manchmal ändern sich die Bedürfnisse und Wünsche. Ich bin eine Telefotografin. Mein Weitwinkelobjektiv lag jahrelang unbenutzt im Schrank. Aber in letzter Zeit bin ich auf den Geschmack gekommen und nehme ganz bewusst nur das Weitwinkel mit. Und siehe da: Es gefällt mir immer besser.
Apropos mitnehmen: Mir ist es ein Rätsel, warum sich viele Fotografen auf Fotopirsch mit einem riesigen Rucksack abschleppen. Kann man sich wirklich intensiv auf ein Motiv einlassen, wenn man dauernd mit der Frage beschäftigt ist, mit welchem Equipment man es perfekt ablichten könnte? Sowieso mag ich die Schlepperei nicht. Ich will aber auch der Kreativität mehr Raum geben als der Technik, indem ich mit den vorhandenen Werkzeugen auskomme.
Festigen der Grundlagen
Du stolperst manchmal über fotografische Grundlagen, die du eigentlich beherrscht? Dieser Kurs erklärt kurz und knapp das Basiswissen - und ein wenig mehr. Danach kannst du dich unbesorgt dem widmen, was an der Fotografie am meisten Spaß macht: der Kreativität.
Da war doch noch was?
Ich habe schon erwähnt, dass hier nur die grundlegenden Funktion aufgelistet sind. Was aber unbedingt dazu gehört, wenn du beeindruckende Bilder aufnehmen willst, ist die Bildkomposition. Aber das ist eine ganz andere Geschichte. Schließlich haben wir nur von der Technik gesprochen.
Der Schlüssel
zum guten Foto
Bildkomposition und Bildaussage sind Grundvoraussetzungen für ein gutes Foto. In diesem Fotokurs beschäftigen wir uns intensiv damit.