Die psychologische Wirkung von Farben
In der Fotografie haben wir es immer mit Farben zu tun. Wir fotografieren in Farbe - auch wenn wir später die Bilder oft in Schwarzweiß umsetzen. Damit Farben so dargestellt werden, wie wir sie sehen, stellen wir in der Kamera den Weißabgleich ein. Selbst wenn wir unsere Bilder am PC in Schwarzweiß umsetzen, müssen wir festlegen, welche Farben in welchen Grautönen gezeigt werden sollen. Es geht weiter mit dem Farbmanagement, und, und, und …
Farben in der Fotografie bedeuten aber weit mehr als irgendwelche Einstellungen. Farben haben eine psychologische Wirkung, die man sich beim Fotografieren zunutze machen kann. Daher gehören Farben zu den wichtigsten Elementen der Bildkomposition.
Goethes Farbenkreis
Schon Goethe hat sich im Rahmen seiner umfangreichen Farbenlehre mit der Wirkung von Farben beschäftigt. „Farbenkreis zur Symbolisierung des menschlichen Geistes- und Seelenlebens“, so nannte er seinen Farbenkreis, in dem er einzelnen Farben menschliche Eigenschaften zuordnete.
Der äußere Ring:
- rot/gelbrot: Vernunft
- gelb/grün: Verstand
- grün/blau: Sinnlichkeit
- blaurot/rot: Phantasie
Der innere Ring:
- rot: schön
- gelbrot: edel
- gelb: gut
- grün: nützlich
- blau: gemein
- blaurot: unnötig
Zugegeben: Goethes Farbenlehre ist keine leichte Lektüre. Aber zum Glück gibt es viele andere Bücher, die sich mit der Wirkung von Farben beschäftigen.
Eva Heller über die psychologische Wirkung von Farben
Eines meiner Favoriten-Bücher über Farbe: Eva Heller: Wie Farben wirken. Zu Amazon (Anzeige)
Die Autorin vom Bestseller-Romanen wie „Beim nächsten Mann wird alles anders“ ist Soziologin und Psychologin. Für das Buch führte sie eine umfangreiche Befragung durch, bei denen beispielsweise gefragt wurde: „Welche Farbe hat das Altmodische, die Angeberei oder die Zuverlässigkeit?“
Sie analysiert die Antworten und schreibt äußerst unterhaltsam über Wirkung und Bedeutung von Farben. Man erfährt, warum man z. B. „blau machen“ sagt, wenn man die Schule oder Arbeit schwänzt. Oder welche die Lieblingsfarbe der Deutschen ist, und welche Farbe sie am meisten ablehnen.
Ganz spannend finde ich, dass jede Farbe sowohl eine positive als auch eine negative Wirkung hat. Hier ein kurzer Auszug zu den wichtigsten Farben:
Schwarz
Die Eleganz, das Große, die Magie
Aber auch: das Böse, die Brutalität, das Eckige, der Lärm, die Macht, die Schwere
Weiß
Die Ehrlichkeit, die Frömmigkeit, das Gute, die Klugheit, das Neue, die Wahrheit
Aber auch: das Sterile, das Künstliche, das Salzige
Gelb
Der Optimismus, der Genuss, das Glück, der Luxus, die Pracht
Aber auch: die Eifersucht, der Geiz, das Saure, die Angeberei, der Stolz
Blau
Das Erfrischende, die Freundschaft, die Harmonie, die Stille
Aber auch: die Lüge, die Kälte
Grün
Das Angenehme, die Erholung, das Gesunde, die Hoffnung, die Ruhe
Aber auch: das Bittere, das Giftige, das Herbe
Rot
Die Aktivität, das Attraktive, die Begierde, die Erotik, die Freude, die Liebe
Aber auch: das Verbotene, die Aggressivität, der Zorn, die Gefahr, die Hektik
Urteile selbst. Hier sind zwei Fotos in unterschiedlichen Farben (die Farben wurden mit Photoshop geändert). Welches spricht dich mehr an?
Wir alle wissen, dass Blau zu den kühlen und rot zu den warmen Farben gehört. Eine Tatsache, die man sich beim Fotografieren oder spätestens bei der Bildbearbeitung bewußt machen sollte.
Farben gezielt fotografieren
Wie kannst du diese Erkenntnisse beim Fotografieren nutzen? Ganz einfach: Achte auf die Farben und platziere sie bewusst in deinem Bild.
Ein Beispiel:
Ein Tupfer Rot kann ein Bild so dominieren, dass alle anderen Farben in den Hintergrund treten. Wenn damit ein unwichtiges Bildelement dominant wird, ist die Farbkomposition zweifelsohne falsch gewählt. In diesem Fall solltest du prüfen, ob du einen anderen Bildausschnitt wählen kannst, der das rote Element entweder ganz aus dem Bild entfernt oder ins Zentrum der Bildaussage rückt (sofern es dafür geeignet ist).
Weißabgleich bewusst falsch einstellen
Du möchtest mit Hilfe von Farbe eine andere Stimmung ins Bild zaubern? Ganz einfach kannst du die Farben in der Kamera manipulieren, indem du den Weißabgleich bewusst falsch einstellst. Am besten, du probierst mit dem gleichen Motiv alle Einstellungen aus.
Weißabgleich am PC ändern
Was an der Kamera möglich ist, geht natürlich auch in Programmen wie Lightroom oder Photoshop. Hier der entsprechende Regler in Lightroom:
Das gleiche Bild. Geändert wurde nur der Weißabgleich in Lightroom:
Color-Grading
Eine weitere Möglichkeit, Farben in Lightroom zu ändern, bietet sich im Bedienfeld COLOR-GRADING (früher TEILTONUNG). Schau dir dazu ein Video aus meinem Lighroom-Kurs an.
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