Wer die Meisterklasse kreative Fotografie erfolgreich abgeschlossen hat, kann sie mit dem Modul 7, dem Projektkurs, verlängern. Darin werden eigene Projekte umgesetzt.
Eva Kaufmann-Schreiber ist schon seit längerer Zeit im Modul 7. Beim letzten Klassentreffen hat sie uns in Klingsors Zaubergarten entführt. Wir waren begeistert. Deshalb freut es mich sehr, dass ich das Projekt hier veröffentlichen darf. Danke, liebe Eva.
In Klingsors Zaubergarten
Ein Fotoprojekt von Eva Kaufmann-Schreiber
Der Wunsch nach ewiger Jugend, nach Reichtum,
immerwährender Unterhaltung und persönlicher Bedeutsamkeit
steht am Anbeginn des Sündenfalls:
"Konsumiere und du bist wichtig."
Doch die Vertreibung aus dem Paradies rückt nahe.
Erzählt von Flora
Es waren einmal eine Frau, ein Mann und ein Kind. Sie lebten glücklich und zufrieden und hatten ihr Auskommen.
Doch hörten sie immer wieder, dass sie es noch viel besser haben könnten; im Garten des Zauberers Klingsor würden all ihre Wünsche erfüllt werden.
Die Frau sagte: "Ich will mehr erleben."
Der Mann sagte: "Ich will mehr haben."
Das Kind sagte: "Ich will mehr spielen."
Dort würden sie jung bleiben, wohlhabend, erfolgreich und schön sein. Ihr Leben würde an Buntheit gewinnen.
"Wie wunderbar müsste es sein, so zu leben", sagte der Mann, und die Frau und das Kind pflichteten ihm bei:
"Wir hätten immer Spaß und wir hätten viel mehr Freunde.
Also brachen sie in dieses erträumte Zauberreich auf.
Ein Wald trennte den bunten Garten von ihrer alten Welt. Voller Hoffnung, aber nicht furchtlos durchquerten sie ihn.
Ein paar Schritte weiter, und der labyrinthische Sehnsuchtsort lag vor ihnen. Farben, Formen und Gerüche waren betörend und fremdartig. Doch sie konnten kaum durch ihn hindurchsehen.
Nach und nach erblickten sie glücklich erscheinende Menschen, welche die kleine Familie sofort in ihrer Mitte aufnahmen.
Ihre Hoffnung schien sich zu erfüllen. Sie fühlten sich jung, wichtig und beneidet. Alles wuchs ihnen zu, sie pflückten, was sie pflücken konnten.
Wie in einem Rausch von Glück verbrachten sie die folgenden Wochen und Monate.
Doch eines Tages hörten sie ein Ächzen, es wurde dunkel und mächtige Stimme Klingsors ertönte:
"Geht zurück, ich habe euch in mein Reich eingeladen, damit ihr all das kennen lernen könnt, wovon Menschen träumen. Doch nur diejenigen, die die Kraft haben, es wieder zu verlassen, werden überleben."
Verwundert und voller Widerwillen sahen sie einander an. Doch bevor sie antworten konnten, fuhr Klingsor fort:
"...Ihr habt alles zertrampelt und zerstört, seid voller Überheblichkeit und Unwissen. Der Garten hat für euch keine Bedeutung, ihr habt ihn bloß missbraucht, um eure Selbstsucht zu nähren.
Ich halte euch einen Spiegel vor. Vielleicht habt ihr dann ein Einsehen und kehrt zurück, bevor alles dahin ist."
Ihr habt euch in tausende Bedürfnisse und Sehnsüchte verstrickt, denen ihr nicht mehr entkommen könnt. Ihr seid umschlungen von Süchten und Versuchungen, die euch in neue Abhängigkeiten wachsen lassen.
Mit keinem Gedanken, ob ihr dem Garten schadet, habt ihr ihn ausgeplündert. Denn euer Wohl ist euer oberstes Prinzip; bezogen habt ihr euch immer nur auf euch selbst.
Der Wunsch von möglichst vielen geliebt zu werden, lässt euch Dinge tun, die eines Kindes würdig sind. Das Kind möchte jeden Tag die Bestätigung der Elternliebe erfahren. Ihr glaubt, wenn ihr euch mit möglichst vielen Dingen schmückt, wächst euch die Liebe zu. Doch es ist die Eitelkeit, die ihr damit zu füttern hofft.
Eure Gier ist ein schwarzes Loch, das alles verschlingt.
Doch all der Genuss, die Erfüllung eurer Süchte und euer Wohlleben haben euch nicht glücklicher, sondern bloß bösartiger gemacht.“
Obwohl Klingsors Worte etwas Rätselhaftes hatten, verstanden ihn die Menschen. Sie waren jedoch nicht bereit, den Garten zu verlassen.
Einige meinten: „Lasst uns ein bisschen warten, dann wird sich schon zeigen, ob Klingsors Drohung ernst zu nehmen ist.“
Doch es war zu spät, auch die kleine Familie überlebte den Zorn Klingsors nicht. Die Pflanzen vertrockneten und die Menschen verhungerten.
Klingsor wird wieder einen Garten blühen lassen, jedoch wird er keine Menschen mehr in sein Reich führen.
Anmerkungen zur Figur des Zauberers Klingsor:
Seit dem Mittelalter taucht in den deutschen Sagen diese Figur immer wieder auf. Klingsor führt Menschen in Versuchung, wird dann auch mit dem Bösen gleichgesetzt, oder er unterzieht sie schweren Prüfungen und weist dann auch ambivalente Charakterzüge auf.
Das Motiv des Gartens erscheint allerdings erst im späten 19. Jh. In Richard Wagners Oper „Parsifal“.
Im weiteren Sinne kann Klingsor mit Merlin aus der englischen Sagenwelt verglichen werden.
Fotos und Texte: © Eva Kaufmann, Schreiber, Linz 2024
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